Projekt Nr. 33
zurück zur Projektseite
Material:
- Doku der Arbeit
- Doku Realisation (im weblog)
- Entwurf
- Presse
- Einweihung / Übergabe
- Besichtigungsmöglichkeiten
Projekt davor Projekt danach
Alle Projekte - Übersicht
Links:
LBS Hannover
Kattenbrookstrift 33
30539 Hannover
T: +49 0 511 - 926-xxx
Mehr Kunst am Bau:
"Aliens & Residents"
für LZB Halle / Salle, 2000
Geladener Wettbewerb, Entwurf
spacer 240 breit - linke Spalte
Übergabe am 6. Dezember 2004
Rede von Stephan Berg anläßlich der Einweihung / Übergabe
Auszüge aus dem von der LBS mir im Jahr 2010 zur Verfügung gestellten Redemanuskript*

*
Hannes Kater bedankt
sich bei PR und Veranstal-
tungsmanagement
der
LBS Hannover für die Ge-
nehmigung, hier Auszüge
aus dem der LBS 2004
überantworteten Redema-
nuskript von Stephan Berg
wiederzugeben.

Zeichnung gilt klassischerweise als das elementarste, spontanste und damit gewissermaßen authentischste künstlerische Medium.
[...] Absolutes Gegenbild zu der freien, skizzenhaften, autonomen Künstlerzeichnung [...] wäre die technische Funktionszeichnung: rigide, funktional, vollständig, lesbar, strukturell so gehalten, dass jeder (der in dem entsprechenden Bereich arbeitet) sie verstehen kann, und vor allem auch jeweils das Gleiche darunter versteht, weil sonst die in der Zeichnung angedeuteten Funktionsabläufe nicht mehr umgesetzt werden könnten. [...]

Wie sieht das nun bei Hannes Kater aus:
Auf den ersten Blick: wenig von dem, was wir mit der obengenannten künstlerischen Zeichnung verbinden. Sieht eher wie ein wissenschaftlich-technisches Diagramm/Statistikzeichnung aus. Dazu tragen auch die Farben bei (blau/rot/schwarz).
[...] Und natürlich der Zeichenstrich, der so gar nichts spontan Formuliertes, genialisch Hingeworfenes zu haben scheint. Linien wirken eher gedruckt/ oder mit Klebeband aufgetragen. Tatsächlich ist aber alles mit Hand gezeichnet, allerdings nicht mit dem klassischen Bleistift, sondern mit dicken [Pump-Stiften mit Filzspitzen, mit den Kater allerdings Gouache aufträgt – und nicht Tinte, wie sie etwa in Edding-Stiften steckt. Korrektur von H.K.]. Wenn man genauer hinschaut: Ab und zu Zonen, in denen der Strich freier wird, ausfranst, fast malerische Spontanität zeigend. Aber das, was sozusagen wie ungewollter Zufall aussieht, wie Lässigkeit, ist in Wirklichkeit präzise und sehr genau geplant. Paradoxie: Das Durchkonstruierte ist eigentlich auch subjektiv/spontan und umgekehrt. Das Ziel heißt: So genau, dass es glaubhaft ist, so frei und subjektiv, dass es auch persönlich ist.

Wir sehen hier also in diesem Atrium der LBS eine listige Zeichnung, eine, die wie in einem Vexierbild dauernd schillert in Bezug auf das, was sie sein könnte. Grund: Reflexion der langen Tradition des Malerischen, Problematisierung der subjektiven, wie objektiven Geste. Dieses Schillern betrifft nicht nur ihre Materialität, also die Art und Weise, wie sie gemacht ist, sondern auch ihre Inhaltlichkeit (das was wir thematisch sehen). Was wir sehen, sieht so aus, dass man sofort anfängt es lesen zu wollen, weil es eine Menge Elemente enthält, die wir kennen oder zu kennen glauben.
[...]

Auch hier Paradoxie: Die Zeichnungen wollen erschlossen werden, aber das gelingt nie vollständig. Warum? Ist Hannes Kater ein verkappter Sadist
[...]? Sicher nicht. Eher ein Künstler, der begriffen hat, dass aus der historischen Entwicklung der Kunst heraus sowohl der Weg in die reine bedeutungsfreie, um sich kreisende Abstraktion/Konkretion versperrt ist, wie auch die Öffnung des Bildes hinein in das vollständig Mimetische (also in eine Bilderzählung, in der 1:1 das Erzählte wiedergefunden werden kann). Balancierend auf dem notwendigerweise schmalen Grat zwischen autonomer Verschließung einerseits und plakativer Illustration andererseits geht er einen klugen Zwischenweg: Er reicht uns die Hand in das Bild hinein, aber er leitet uns nicht vollständig hindurch. [...] Kater [...] mischt [...] existierende Zeichen (Pfeile etc.) mit selbsterfundenen Zeichen, die aber oft so aussehen, als müssten wir sie kennen (Hörnchen, blaue Quadrate...) und schickt uns damit auf eine ebenso spannende wie strukturell uneindeutige Entdeckungsreise.


Zu der Arbeit in der LBS

Zu den allgemeinen Herausforderungen: Wie kann man in einem von Funktionsabläufen bestimmten Gebäude künstlerisch sinnvoll arbeiten. Wie kann man vermeiden, dass man konträr zu den Abläufen und Interessen des Betriebes arbeitet aber andererseits auch nicht zum reinen Ornament wird. Entscheidung für das Wandbild - fast logisch: Strukturiert den Raum auf allen Ebenen (vertikal wie horizontal), lässt aber Architektur und Funktionalität unangetastet.

Ich möchte
[...] sie mit ein paar Elementen der Katerschen Zeichnungs- und Zeichenwelt näher vertraut machen.

[...] Dies ist keine Illustration des Geschäftsmodelles der LBS (auch wenn hier Menschen und Häuser vorkommen), es ist eher ein grundsätzliches zeichnerisches Nachdenken über Abläufe und Verknüpfungen in Betrieben allgemein. [...]

1. Wand (Titel "Sequenz mit Entscheider"):
klare Lesart von oben nach unten durch Pfeile (Kater: [die] ungerichtete Linie wird durch Pfeilsymbol zum aktiven, zielorientierten Zeichen.)

1.Feld: Monitor: pseudogöttliche Infobox / Entscheider _ Distribution; blaue Quadrate: greifen als einzige direkt die Architektur auf: Membran
2.Feld: Im Oval versammeln sich Gedanken und Meinungen
3.Feld: Figur zwischen zwei Häusern: Der Mensch und sein Streben nach Sicherheit.
4.Feld: Der ohnmächtige Befehlsempfänger.

[...]

2.Wand (Titel "Sequenz mit Telefonierender"):

1.Feld: Inputebene: schwarze Form: Assoziationsebene/Brotwolke: Motivation/Inspiration
2.Feld: Frauenfigur (alter ego des Entscheiders der gegenüberliegenden Wand: eher sozialgesellschaftlich bestimmt
3.Feld: Gesprächssituation /Kommunikation/Verbundenheit

[...]

Ambivalenz der Zeichen: 4.Feld, 2.Wand: zwei Gewichte, die auch als Fernrohr gelesen werden können, vier Striche unter einem horizontalen Balken: aus der Idee der Wimpern entwickelt, könnte aber auch wie eine römische Zahl, oder Analogie zu Pi oder Architekturfragment (Säulenreihe) gelesen werden.
[...]

Komplexitätsmaximierung, statt Komplexitätsminimierung (vgl. Mathematik: Reduktion der Formel auf die einfachste Darstellung)

Hannes Kater hat mit seiner Arbeit ein Bild über Gesellschafts- und Kommunikationsabläufe realisiert, in dem deutlich wird, dass wir, indem wir versuchen, die Welt zu verstehen, zu ordnen und zu beherrschen, uns gleichzeitig auch in einer Fülle von Prozessen bewegen, die von Kontingenz (alles kann so, aber auch anders sein) und Ambivalenz bestimmt sind. Sein diagrammatisches Wandbild, das keine Erzählung ist oder sein will, sondern eher ein Szenario (also statt linearer, hierarchischer Ablauf, der Erzählung klassischerweise kennzeichnet, die Simultaneität einer theatralischen Szene, auf der zur gleichen Zeit ganz verschiedene Dinge stattfinden können)
[...].


 Zum Seitenanfang



[ Home | Zeichnungsgenerator | Aktuell | Zeichnungen | Projekte | Texte | Service ]
[ Impressum | Mail an Hannes Kater ]