Texte aus dem Jahr 1996
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Rundgang ohne Publikum

Es gibt unterschiedliche Erwartungen an den Rundgang (dem "Tag der offenen Tür" der Kunsthochschulen) und unterschiedliche Strategien für Kunststudenten, sich zu präsentieren.

1. Zumeist wird sich nah am Ausstellungsmodell, der Galeriesituation orientiert. Die Räume, die ja eigentlich Arbeitsräume sind, werden leer geräumt und die Ausstellungstücke sparsam, mit viel Platz drumrum, präsentiert. Jeder, der mit einem konservativen Ausstellungsverständnis diese Räume anguckt, wird enttäuscht sein. Das Scheitern an den Bedingungen ist zu deutlich, die Simulation zu offensichtlich. Eigentlich handelt es sich um eine Testausstellung, einen Gruppenausstellungstest von 420 Künstlern. Durch dieses Sammelsurium gibt es kein durchfinden, die einzelnen Arbeiten gehen unter. Um dies zu verhindern werden in einzelnen Klassen Konzepte entwickelt, wie man sich geschlossen, einheitlich präsentieren kann. Thema ist dann nicht mehr die Arbeit des einzelnen, sondern das Ausstellen der Arbeiten oder die Situation des Rundgangs. Bei den wenigsten deckt sich ein solches herangehen mit der eigenen Arbeitsweise.

2. In den Räumen wird eine etwas aufgeräumte Arbeitssituation inszeniert, ein Atelierbesuch simuliert. Normalerweise ist ein Atelierbesuch bei einem Künstler mit einem Gespräch und dem Zeigen mehrerer Arbeiten verbunden. Eine so intensive Auseinandersetzung wird auf dem Rundgang kaum stattfinden, es wird also mehr die Arbeitssituation in der Klasse, an der Hochschule vorgeführt. Sicherlich nicht uninteressant, aber das eigentliche Interesse sollte sich doch auf die Endergebnisse der Arbeit konzentrieren.

3. Der Rundgang wird von den meisten Studenten in den künstlerischen Klassen sehr ernst genommen, oft wird er als Arbeitsmotivation oder Anlaß genutzt. Dabei richtet sich der Ehrgeiz nicht nur auf eine Präsentation nach außen, sondern (bei vielen sogar hauptsächlich) nach innen. Es geht um ein internes abchecken. Im günstigsten Fall kann ein Klima wie bei einer Fachmesse entstehen. Wieso also diese persönlichen Interessen nicht zum Thema machen, den Rundgang also für ein großes mehrtägiges Plenum nutzen. Denkbar wären sowohl ein großes, sich immer wieder neu konstituierendes und über mehrere Tage gehendes, autonomes Plenum der Studentenschaft, als auch verschiedene, von Fachklassenprofessoren (oder auch von Externen?) geleitete Plenen. Um diese Auseinandersetzung ungestört führen zu können, wäre der Rundgang nicht öffentlich. Selbstverständlich gäbe es zum Schluß noch einen Publikumstag - wo dann wieder niemand kommt. Aber das macht dann ja nichts...




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